16 II. Naturgeschichte und Pharmahognosie. Ueber Verfilschuagen der griechischen ilaturproducte ; yon L a ii d e I'e r . z u den Hauptproducten des Landes, die exportirt werden, gehoren: I ) die Korinthen, 2) Ocl, 3; Wein, 4) Honig und Wachs, 5) Kermesbeeren, 6) Baumwolle, '7) Wolle, 8) Schwamme, 9) Krapp oder Farberrothe, 90) Butter und Kase, 4 4 ) Walaniden, d.i. Cupulae Quorcus aegilops, 12) Seide, 13) Taback. Das Hauptproduct von dicsen ist die Urae passae Corinlhiacae. Man untcrscheidct Lesonders zwcierlei Sorten : Staphiden von nicht gerinselten Pflanzcn und andere, die man, um eine grosse blenge zu erhalten, anritzt und ringelt. Die ersteren werden im Durchschnitt mit 30 Collonatis bezablt, da sic sich Ianger aufbewahren lassen und auch eine grossere Sussigkeit zeigen. Die letzteren sind um vieles griisser rind gchcn sehr leicht in saure Gahrung uber, besitzen auch wcnigcr Aroma a h die erskren. Unter gleichen Verhaltnissen werden diese nur mit 20- 23 Thalern bezahlt. Es ist nun schr begrciflich, dass die StaphidenhBndler alle moglichen Verfiilschungen vornehmen, und oftmals glaubt man Fasser voll dcr schiinsten Staphiden gekauft zu haben, wahrend sich kaum ein Scchstheil wirklicher darin befindet, und sich theils auf dem Boden, theils an den Seitcn der Fasser die andere Sorte findet. Aus diesem Crunde haben die griechischen Staphiden sehr von Landerer, Verfalschungen der griechischen Nalurproducte. I7 ihrern Rufe verloren, und man zicht es lieber vor, die der Ionischen lnseln urn 2 bis 3 Ttialer theurer zu bezahlen, da man diesor Verfalschung bier wcniger ausgesetzt ist, indern die lonische Regierung darauf ein sehr wachsames Auge gerichtel hat. 2) Ein anderes Ilaupt-Naturprodocl sind die Grana Cocci Ilacis, Prinococci, d i. Kermesbeeren, von denen jiihrlich 30 -40,000 engl. Liter ausgefuhrt werden und pr.Okka 15-20 Drachrnen liosten. Urn n u n das Gewicht dieses Fai-bematerials zu vrrmehrcn, werden die in Fasser eingepackten Kermesbeeren mil feinem Ziegelmehl und rnanchmal sogar mit blinium einsestaubt., welche beiden Verfalschungen nicht so leicht zii entdeclten sind, indern diese spccifisch schwerzren t'ulvcr in die Oeffnungen der Beeren hineinfallen. Schon diese Oeffnungen sind ein Beweis von der C'nachtsarnkeit des Handlers. da er die Beeren nicht genugsarn der Sonne aussetzte, urn die darin enlhaltenen Wiirmer zu zerstiiren, denn mil der Entwickelung derselben geht auch der FarbesLoff verloren. 3) Das Wachs, cin ferneres Hauplproduct des Landes, wird im rohen Zustande nach den curopaischcn Handelsplatzen, nach Triest, Marseille u. s. w. versandt. Der Verbrauch von Wachs ist in Griechenland ungemein gross, namentlich zu Kerzen, die man bei einer Menge kirchlicher Feierlichkeiten, hei Bcgrabnisseo, wahrend der Osterfeiertage u. S. w. anwendet, und jcde Familie hat allein zu diesen Zwecken ein Quantum von 6-10 Okkas fur das dahr nothig Nur sehr wenig M'achs wird gebleicht und weiss verwendet. Das Bleichen geschieht an der Sonne und ist wahrend des'Somrners in ungcfiihr 45-17 Tagen be en d i g 1, D i e V e r fA 1s c h u n gen d cs \V a ch ses gescb eh e n thcils wit Oel, theils mit dem Mchl des tiirhischen Weizens und der Bohnen, wovon sich in dem kPuIlichen Wachse oh eine nichl unbedeutende Quantitat findct. Eine anderc Verfalschung besteht i n der Zumischung eines mit Rad. Curcumae gelarbten Oels. Die Verfiilschung des weissen Wachses hat so selir uberhand genommen, dass sich auch nicht eine Kerze aus weissem Wachs im IIanA r c h . d . Pharrn.CXXX. Bds. 1. Ilft. 2 IS Landerer, del befindet, die nicht mit Talg vermischt ware. Seit einigen Jahren wendet man auch Stearin zu diesem Zwecke an, welches sich die Kaufleute hierzu in grossen Stiicken aus Frankreich oder Italien kornmen lassen, oder das man aus den Stumpfen der in sehr grosser Menge consumirten Stearinkerzen ausschmilzt. Ein hochst grober und strafbarer Betrug, dem man sich bei grossen Wachsankaufen ausselzt, ist folgender. Das geschmolzene gelbe Wachs wird in eine Art Kufen oder Fasser gegossen, und wenn es zu erstarren beginnt, werden kleine mit Sand oder mit Wasser gefullte Flaschenkiirbisse, d. i. Fruchte von Cucurbita Lagenaria, welche die verschiedensten Formcn haben, in die noch weiche Wachsmasse hineingehalten, bis dieselbe vollig erkaltet ist. So wird es dann nach den europaischen Handelsplatzen verfiihrt und die Betriigerei erst beim Zerschlagen entdeckt. 4) In Betreff des Odes, einem Hauptproducte des Landes, ist bekannt, dass man erstens nicht die geringste Aufmerksamkeit auf die Gewinnung dcsselbcn verwendet, indern man die reifen und unreifen Oliven zusarnmen mil den verfaulten aufsammelt, noch im Haufen schwitzen l a s t und rnit Salz bestreut. Das nun durch zwei- oder dreimalige Pressung erhaltene Oel ist sehr braun und besitzt einen unangenehmen Geruch und Geschmack, wahrend dasselbe, auf andere Weise bereitet, eines der ausgezeichnetsten Oele Europas sein konnte. Das Oel wird nun in Siicke aus Ziegenfellen gefullt und auf die Handelsplatze gebracht, wo dasselbe auch von fremden Kaufleuten gekauft und nach Triest und Marseille versandt wird. LTm die Cute des Oels zu erkennen, giesst der VerkSufer aus jedem Sacke einigc Loffel voll in ein kleines Glas und nach Gutbefinden wird es in den Siicken gewogen und in die eigentlichen zum Transporte bestimmten Fasser ausgeleert und verscndet. Eine sehr g o b e Iietrugerei besteht nun darin, dass man in diesc Sacke zugleich mit dem Oclc ein starkes und sehr schleimiges Decoct von Malvenblattern fullt, das an Farbe und Aussehen dem Verfalschungen der griechischen Naturproducte. 19 grunlich gefarbten Oele ganz gleich ist, und es komvon diesem Decoct und nur 3/* men Falle vor, dass rcines Oel genornmen wird. Rei dern Ausleeren ist es unmoglich, diesen Betrug wahrzunehmen, da man die Oeffnung der Felle in das Loch der FPsser steckt, bis sich nach Iiingerer Zeit die Flussigkeit geklart hat und das Oel auf dem Wasser aufschwimmt, und endlich der Eigenlhiimer ein Vierthcil des Fasscs mil dem schleirnigen Wasser gefullt sieht. Um das frisch gepresste und lrube Oel zu klarcn, wird Salz in das Oelfass geworfen, wodurch das 091 schnell sich klaren soll; jedoch brennt es dadurch schwer und verursacht Spritzcn und Knistern. 5) Was die Schwiimme anbetrifrl. so is1 bekannt, dass aus den Ilafen von Nauplia, Patras und Syra gegen 130,000 engl. Liter ausgefuhrt werden. Die feinere Sorte wird mil (3-15 Drachrnen pr. Okka und die grohen oder sogenannten Pferdeschwiitnrne mit 3- 6 Drachmcri bczahlt. Um das Gewicbt derselben zu vermehren, werden dieselben m i l Jleersand eingestaubt, wahrend sic im Innern noch ganz nass sind, ebenfalls sehr nachliissig von den sogcnannlen Schwammsleinen gercinist, und da man sic in Ballen verkaul't, die schlectitere Sorte mit der besseren un d t h eu re r en v e r m i sch t. G ) Ein anderss Hauplproduct des Landes sind die Wallaniden, d. i. Cupulae Qiiercus aegilops, und unter den verschiedenen Sortcn, dic man nach cler Crosse macht? werdcn diejenigen, die vori sclbst abfallcn und die man Chaviai nennt, den andern, die man durch Abschlagen oder Abschutteln erhalt vorgczogen, auch urn einige Drachmen theurer bezah!t, indem die crstcrcn gerbstoffhaltiger scin sollcn. Ehcnso sielit der Kliufer darauf, dass sich die Fruchte (Glandes quereinaej nicht mit den Wallaniden vereint findcn, indem dieselben fur den Gerher keinen R'uizen hahen. Ern nun das Gewicht zu vcrmehren, wcrden sie Init Wasser besprengt der Feuchtigkeit ausgesetzt, auch mil ganz lileinen Eichcln vermengt ; ausserdem mit Sand bestreut unil noch witircnd des Einfullens in die Siicke mit Seewasser bespritzt, wodurch sic auf dem Seetransporto leicht schimmeln und zu Grundc gclicn. 2* 20 Landerer, 7) Aehnlichen Verfalschungen ist auch die Farberrothe, die sogenannte Risari der Griechen, Alizari der Turken, die ein bedeutender Handelsartikel geworden, ausgesetzt. Je holziger die Wurzel geworden, desro farbstoffarmer ist sie, und j e feuchtcr sie aufbewahrt wird, desto leichter beginnt sie zu schimmeln und zu verderben. In Polge dieser Zersetzung scheint das Alizarin zu leiden und die Wurzel zum Farben unbrauchbar zu werden. Beim Einpacken in Ballen werden nun Wurzeln von verschiedenem Alter, und zwar noch feucht und von der anhangenden Erde nicht gereinigt, zusammengepackt , wodurch dem Kaufer ein bedeutender Schaden erwachst, indem die Fiirberrothe von funfjahrigen Pflanzen bedeutcud mehr kostet, als die von acht- oder zehnjahrigen Pflanzen. 8) Ich gehe nun zur Seide uber. Der Seidenbau hat in den letzten Jahren ausserordentliche Fortschritte gemacht und die Zahl der !daulbeerbaume belauft sich im Griechenland bis auf 800,000; jeder Baum hat cinen Werth von 8-12 Drachmen. Urn bessere Scide zu erzielen, lassen sich viele Seidenzuchter Samen aus Italien kommen, und so wird die Seide von Jahr zu Jahr bedeutend verbessert. Das Quantum der jghrlich in ganz Griechenland erzeugten Seidc bclauft sich auf 70,000 Okkas, von denen gegen 50,000 Okkas ausgefuhrt werden nach Marseille, London, Manchester, Malta etc; der Rest von 20,000 wird in Griechenland consurnirt und zur Bereitung der sogenannten Zonavien, d. i. der seidcnen Gurtel, zu den Quasten der Fess, zu Bettvorhangen, zu flals- und Schnupftuchern und zu Mutzen vcrbraucht. Der Preis der Scide variirt nach der Methode, die man beim Abhaspelu anwendet und nach der Feinheit. Die nach einer alten und schlechten inlandischen Methode gewonnene Scide wird mit 20-30 Urachm. pr. Okka und die nach franzosischer Methode gewonnene mil 50-70 Drachm. pr. Okka bezahlt, auf den meisten HandelsplPr.zen wird jedoch die italienische Seide vorgezogen und noch urn einige Drachmcn theurer bezahlt. Um n u n das Gewicbt der Seide zu vermehren, werden die Seidenstrange in den hlagazinen auf Slangen Verfalschungen der griechischen Nalurproducte 29 gehangt und Wasser auf den Boden desselben gegossen, urn die Luft mil Feuchtigkeit zu schwangern; die hygroskopische Seide zieht das Wasser an und wird n u n statt in] trocknen irn feuchten Zustande verkauft, wodurch der Verkaufer beim Centner 2 - 3 Okka gewinnen kann. 9) Noch grossere h ygroskopische Eigenschaften besitzt die Wolle. und urn diese vor dem Verkaufe so vie1 ais moglich mil Feuchtigkeit zu impragniren, wird dieselbo auf eine Lnterlage von Pasqerina hirsuta, Potereurn speciosum untl Snluveja Thyrnlra vor den Nagazinen ausgebreitet u n d darunter Wasser geschiittet. wodurch dasselbe verdarnpft und die Wolle rnit Feuchtigkeit gesattist wird. Die Wolle wird in Ballen gepackt verkauft und auch hierbei rnit sc!!lcchterer und unreiner Wolle vermischt, welche man beim Einpacken auf die Seite zu bringen sucht, wahrend man die schone und reine Wolle in die Mitte packt. Dieser Detrug bleibt unbernerkt, weil die Kaufleute, welche Wolle kaufen, die Gewohnlieit haben, aus der Mitte des Ballens eine Porlion herauszuzichcn und hiernach auf die Qualitat dcr ubrigen Wolle schliessen. 40) Ich gehe endlich zu Butter und Kase uher, die ebenfalls bedeutende Handelsartikel geworden und von denen bedeutende Quantital.cn nach den Ionischen Inseln ausgefuhrt werden. Beide Artikel werden sehr haufig verfalscht, und zwar die Butter rnib Schaffett, von dern sich oft 30-50 Procent darunter finden; dern Kase wird ein Uebermaass von Salz zugesetzt. Leider kann man sagen, dass der griechische Kaufmann darnit umgeht, die Kaufer auf' jede Art und Weise zu betrugen, weshalb derselbe auch im huslande wenig gcachtet wird. Unter zehn Geschaften, die man in gutem Vertrauen macht, sieht man sich neunmal betrogen, daher auch das alte Sprichwort: nGraeca fides nulla fidescc sich von Tag zu Tag mehr als wahr erweist, leider zum Schaden des Landes.
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